Erkennungsmerkmale: Bei uns gibt es keine Pflanze, mit der man den Blauen Natternkopf verwechseln könnte.
Beschreibung:
Die Blütenknospen sind erst noch rötlich, beim Öffnen der Blüten wandelt sich die Farbe nach blau (selten weiß), die Form erinnert an einen Trichter. Die zahlreichen fast 2-lippigen Blüten stehen sitzend und knäuelig in einem lockeren, traubenartigen, zylindrigen bis kegelförmigen und beblätterten Blütenstand (bilden eine bis 50 cm lange Synfloreszenz) und sind 15 bis 22 mm (selten nur 1 cm)
lang, sie überragen die Kelchblätter um das 2 - 3fache, die Kronmündung ist schief und die Außenseite der Blütenkrone ist behaart. Die Kelchblätter sind während der Blütezeit 5 - 7 mm lang, zur Fruchtzeit sind sie mit 7 - 13mm deutlich länger. Der Griffel der Blüte ist zweispaltig und ragt weit heraus, die Staubblätter sind ungleich lang und reichen ebenfalls über die Blüte hinaus. Auf dem mehr oder weniger stielrunden Stengel findet man stechende Haare, welche auf bräunlichen oder weißlichen
Köpfchen sitzen. Die eigentlichen Blätter sind elliptisch bis lanzettlich und, worauf bereits der Familienname hinweist,
angedrückt borstig-steifhaarig. Die unteren Blätter bilden eine Rosette und erreichen eine Länge von 5 bis 15 cm und eine Breite von 1 bis 2 cm, ebenso die unteren Stengelblätter. Während diese unteren Blätter gestielt sind (die Blattspreite geht allmählich in den Stiel über), sitzen die oberen, kleineren, schmal-lanzettlichen Blätter mit abgerundetem Grund direkt am Stengel oder sind mehr oder weniger stengelumfassend. Aus den Blüten entwickeln sich als Früchte 3-kantige, 2 - 3 mm lange, an den Kanten gezähnelte und an den Seiten rauhe Nüsschen. Die ganze Pflanze ist besetzt mit bis 3 mm langen Borsten und kürzeren, etwa 1mm langen Haaren.
Standort: Der Blaue Natternkopf bevorzugt sonnenwarme, mäßig trockene, mehr oder weniger nährstoffarme, oft humusarme, lockere, steinig-sandige Lehm- oder Tonböden, aber
auch reine Kies- und Sandböden. Die Pflanze ist wärmeliebend. Man kann den Blauen Natternkopf an Wegrainen, Bahndämmen, Steinbrüchen, auf Schuttplätzen, Schotter und seltener auch in Trockenrasen finden. Gebietsweise fehlt die Pflanze im Tiefland, sonst findet man sie zerstreut.
Verbreitung: In folgenden Gebieten ist die Pflanze zu finden: Alpen, nördliches Alpenvorland, Süddeutsches Schichtstufenland, zentraleuropäische Mittelgebirgsschwelle, norddeutsches Flachland und Watten- und Marschküste der Nordsee sowie Insel- und Boddenküste Schleswig-Holsteins und Mecklenburgs. Man findet die Pflanze bis in eine Höhe von 1.200
m ü. NN. Der Gewöhnliche Natternkopf ist wahrscheinlich eine indigene, also einheimische Pflanze. Ob es sich nicht doch um einen Archaeophyten handelt (in vorgeschichtlicher und historischer Zeit vor 1500 eingewanderte und eingebürgerte Pflanzen), ist noch nicht abschließend geklärt.
Wissenswertes: Namensgebend für diese Pflanze war die Blüte, welche an den Kopf einer Natter erinnern soll, der gespaltene Griffel oder die herausragenden Staubgefäße sollen dabei die Natternzunge darstellen. Der Blaue Natternkopf ist der einzige Vertreter der Gattung Échium bei uns, allerdings wandern immer wieder andere Vertreter dieser Gattung bei uns ein, die sich jedoch meist nicht lange halten können (z.B. Échium lycópsis und Échium itálicum).
Teilweise wird die Pflanze auch als Zierpflanze verwendet. Der Artname "vulgáre" ist lateinischen Ursprungs und bedeutet "allgemein bekannt, Gewöhnlich". Der Gattungsname "Échium" ist abgeleitet vom lateinischen Wort "Echis", was "Otter" oder "Viper" bedeutet.
Die Pflanze gilt als ausgesprochene Pionierpflanze, sie wurzelt bis 250 cm tief. Die Bestäubung übernehmen Insekten (u.a. auch Bienen, welche sogar
in der Lage sind, zu lernen, dass nur rosa Blüten nektarreich sind). Als Landeplatz dienen der Griffel und die Staubblätter. Der Natternkopf besitzt nektarführende Rachenblüten. Neben proterandrischen (männliche Blütenorgane reifen vor den Weiblichen) Blüten kommen auch kleine, funktionell weibliche Blüten mit verkümmerten Staubblättern vor. Meist sind sie gynodiözisch (vollkommen weibliche Pflanzen und zwittrige Pflanzen kommen vor), selten gynomonözisch (weibliche und zwittrige Blüten auf
der selben Pflanze). Die Ausbreitung der Samen erfolgt anemochor (Ausbreitung der Samen durch den Wind) oder epizoochor (Ausbreitung der Samen durch Anheften an Tier und Mensch). Die Lebensweise ist die eines Hemikryptophyten (Staudenpflanzen mit dicht unter der Erdoberfläche liegenden Erneuerungsknospen).
Innerlich angewendet, wirkt der Natternkopf harn- und schweißtreibend, das enthaltene Allantoin fördert die Wundheilung und einige Inhaltsstoffe wirken antibakteriell. Eingesetzt
wird der Natternkopf bei Atemwegserkrankungen wie z. B. Husten. Äußerlich findet er Verwendung bei Furunkeln und Karbunkeln. Die Pflanze enthält in geringen Mengen ein (angeblich für Warmblüter) nicht giftiges Alkaloid sowie Gerbstoffe und hatte früher als Heilpflanze eine gewisse Bedeutung. Diese sogenannten Pyrrolizidin-Alkaloide sind allerdings Lebergifte und gelten neuerdings als krebserregend, weshalb man die Pflanze dennoch zumindest als schwach giftig oder giftverdächtig ansieht.
Dennoch wird sie in einigen Quellen als zum Verzehr geeignet angegeben, z.B. in Form von Wildgemüse (z.B. als Spinat oder sehr fein gehackt in Salaten ähnlich dem verwandten Borretsch, die Blätter sollen übrigens das sexuelle Verlangen steigern). Tot umfallen wird man also nach dem Genuß wohl nicht, aber ob eine häufige Verwendung angeraten ist, darf man zumindest in Frage stellen.
(Sven Dienstbach) auf die jeweiligen Bilder klicken zum Vergrößern
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