Erkennungsmerkmale: Die Blätter der Pflanze sind 10 - 15 zählig gefingert. Selten sind die Blüten weiß, meist sind sie intensiv blau gefärbt.
Beschreibung: Die Lupine wächst aufrecht und besitzt lang gestielte, wechselständige und gefingerte Blätter selten mit 9, meist mit 10 - 15 lanzettlichen, 3-15 cm langen und 5 - 25 mm breiten und spitzen Teilblättchen. Sie sind unterseits behaart, oberseits jedoch fast kahl. Die lanzettlich geformten Nebenblätter sind viel kürzer als der
Blattstiel, jedoch deutlich ausgebildet. Der 15 - 60 cm lange und traubige Blütenstand besteht aus 50 - 80 blau- bis purpurfarbenen (selten weißen), quirlig stehenden und zygomorphen (nur eine Symmetrieebene) Blüten welche einen 3 - 8 cm langen Stiel besitzen. Die pfriemförmigen Deckblättchen sind kaum so lang wie der Kelch und hinfällig, Vorblätter fehlen meist. Der Blütenkelch ist 5zählig und tief 2spaltig mit meist ungeteilten Kelchlippen, die Blütenkrone ist 5blättrig und etwa 12 - 16 mm
lang. Das nach oben weisende und vergrößerte Blütenblatt ist die sogenannte Fahne, die beiden seitlichen Blütenblätter werden als Flügel bezeichnet, die beiden vorderen Blütenblätter sind verwachsen und bilden das Schiffchen. In der Mitte ist die Fahne weißlich. Neben 10 Staubblättern weist die Pflanze nur 1 Fruchtblatt auf. Als Frucht besitzt die Pflanze 2,5 - 6 cm lange, 7 - 10 mm breite, braun bis schwarz gefärbte und dicht behaarte Hülsen, welche 4 - 12 eiförmig bis kugelige, 4 - 5 mm
lange und glänzend braune Samen enthalten. Auf den Samen befinden sich hellbraune bis weiße Tüpfel. Im ersten Standjahr blüht die Pflanze meist nicht, sondern bildet nur eine Blattrosette aus.
Standort: Die Vielblättrige Lupine bevorzugt frische, mehr oder weniger nährstoffreiche, kalkarme, wenig humose sandig-steinige Lehmböden. Oft wird die Pflanze angepflanzt, die Standorte können daher auch untypisch sein. Man findet sie oft an Böschungen von Straßen und Eisenbahnen sowie an Lichtungen und Waldrändern.
Verbreitung:
In folgenden Gebieten ist die Pflanze zu finden: Alpen, nördliches Alpenvorland, Süddeutsches Schichtstufenland, zentraleuropäische Mittelgebirgsschwelle, norddeutsches Flachland und Watten- und Marschküste der Nordsee sowie Insel- und Boddenküste Schleswig-Holsteins und Mecklenburgs.
Im Schwarzwald kommt die Pflanze bis in 1.200 m ü. NN vor. Die Vielblättrige Lupine ist ein Neophyt (erst in der Neuzeit, also nach 1500, eingewandert und eingebürgert).
Wissenswertes: Die Vielblättrige Lupine wurde und wird häufig als Zierpflanze angebaut oder als Wildfutter angesät. Auch zur Böschungsbefestigung und Verbesserung des Waldbodens wird sie genutzt. Mittlerweile ist diese Lupine teilweise vollkommen eingebürgert und kommt auch "wild" vor. Die eigentliche Heimat ist Nordamerika. In Europa wurde sie 1829 eingeführt, in Deutschland konnte man sie ab 1837 erwerben, die ersten spontan (wild)
auftretenden Vorkommen bei uns wurden 1890 in Bayern nachgewiesen. Als sogenannter Neophyt ist sie also bei uns eigentlich nicht heimisch und gilt in anderen europäischen Ländern aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Vegetation (erhöhter Stickstoffeintrag in den Boden, Konkurrenz zu anderen heimischen Pflanzen) sogar als Problempflanze. Eine weitere Verbreitung in Deutschland sollte also, zumindest an gefährdeten und schutzbedürftigen Standorten, vermieden werden.
Die Blüten sind
proterandrisch (vormännlich, männliche Blütenorgane reifen vor den weiblichen). Zusätzlich wird eine Selbstbestäubung noch durch einen Haarkranz verhindert, der sich an der Basis des Narbenkopfes befindet. Die entstehenden Samen sollen ihre Keimfähigkeit über 50 Jahre lang behalten. Die Ausbreitung der Samen erfolgt autochor (Ausbreitung der Samen durch eigene Kräfte der Pflanze) oder hemerochor (Ausbreitung in Kulturfolge des Menschen z.B. bei der Getreideaussaat). Die autochore Verbreitung
erfolgt barochor (Selbststreung): Wenn es trocken ist, platzen die Hülsen leicht auf, dabei rollen sich die Fruchtklappen schraubig ein (Verantwortlich ist eine interne Zugspannung durch überkreuzt liegende Zellulose-Fasern). Das plötzliche Abbremsen der Bewegung durch die Torsion der Gewebe führt zu einem meterweiten wegschleudern der Samen. Spezielle Zellschichten dienen dabei als Bewegungs- und Widerstandsschichten. Da die Lupine eine ausdauernde Pflanze ist, blüht sie in ihrem Leben
mehrfach und überdauert den Winter durch die dicht unter der Erde liegenden Erneuerungsknospen (Hemikryptophyt), aus denen sie dann erneut austreibt.
Wie alle Fabáceae ist auch die Lupine ein Stickstoffsammler, da sie in Wurzelknöllchen Bakterien enthält, mit welchen sie in Symbiose lebt. Diese Bakterien können Stickstoff aus der Luft binden, wodurch die Pflanze von im Boden vorhandenen Stickstoffverbindungen unabhängiger wird. Daher rührt auch die Verwendung als Bodenverbesserer.
Lupinen enthalten giftige (Chinolizidin-)Alkaloidverbindungen, bei Lupínus polyphýllus bis zu 3,5 % im Samen und 2 % im Kraut. Das Hauptalkaloid ist dabei Lupanin (Giftigkeit: Bei einer oralen Aufnahme von 1.600 mg pro kg Körpergewicht sterben 50 % der für die Untersuchung verwendeten Laborratten), weitere sind Lupinin und Spartein. Lupinin wirkt ganglienblockierend, anästhesierend und aufsteigend lähmend, Spartein bindet an nicotinerge Rezeptoren und wirkt erst erregend, später lähmend, Lupanin bindet ebenfalls an nicotinerge Rezeptoren und verhindert die Erregungsübertragung der Gangien. Als Vergiftungserscheinungen treten auf: Erbrechen, Schluckbeschwerden, beschleunigter Puls und Kreislaufstörungen. Bei schweren Vergiftungen kommen Krämpfe hinzu und es erfolgt eine aufsteigende Lähmung bis hin zur Lähmung des Atemzentrums, was den Tod zur Folge hat. Die meisten Vergiftungen treten jedoch bei Tieren auf (Pferde, Kühe, Hasen, Ziegen, Hunde, Katzen etc.), bei Kühen wurde von Skelettmissbildungen berichtet, welche durch Fütterung mit Lupinen ausgelöst werden sollen. Weiterhin ist in den Lupinen ein Pilz enthalten, welcher ebenfalls Giftstoffe produziert und somit zu Vergiftungen vor allem bei Tieren durch verdorbenes Futter führen kann. Durch Züchtung konnten bereits giftarme Sorten, sogenannte Süßlupinen, identifiziert werden, welche als Viehfutter geeigneter sein dürften. Auch ein Lebensmittel (Tofu-ähnlich) für Menschen wird bereits hergestellt, welches jedoch bisher die gesteckten Erwartungen noch nicht erfüllen konnte. Als Lebensmittel und Viehfutter ist die Pflanze vor allem aufgrund ihres hohen Eiweißgehaltes interessant. In der Heilkunde werden Lupinen nicht verwendet.
Die Vielblättrige Lupine gilt als ausgesprochene Hummelblume. Der Artname "polyphyllus" ist griechischen Ursprungs und bedeutet übersetzt "vielblättrig", zusammengesetzt aus dem griechischen Wort "poly", was übersetzt "viel, zahlreich" bedeutet und dem griechischen Wort "phylon", was soviel wie Blatt bedeutet. Der Artname bezieht sich somit auf die zahlreichen Fiederblättchen. Der Gattungsname "Lupínus" stammt vom lateinischen "Lupus",
was "Wolf" bedeutet. Früher wurde die Pflanze auch im Deutschen als Wolfsbohne bezeichnet. Allerdings ist man sich dabei noch nicht ganz sicher, woher diese Bezeichnung letztlich stammt. Man vermutet, dass er entweder auf die braungraue Behaarung der Hülse oder aber auf die heimtückische (da meist eher chronische als akute Vergiftungen) Giftigkeit der Samen zurückzuführen ist, eventuell sogar auf beides.
Die Lupine ist, wie schon gezeigt, ziemlich vielseitig verwendbar. Um
dies noch eindrucksvoller zu demonstrieren, veranstaltete die Vereinigung für angewandte Botanik 1918 in Hamburg ein Festessen, bei welchem die Lupine im Mittelpunkt stand: aufgetischt wurde Lupinen-Suppe, Lupinen-Beefsteak (natürlich in Lupinenöl gebraten und mit Lupinenextrakt gewürzt, 20% Lupine enthaltende Lupinen-Margarine, Lupinenkäse, Lupinenschnaps und Lupinenkaffee. Außerdem war das Tischtuch aus Lupinenfasern gefertigt, die für das Händewaschen verwendete Seife war eine Lupinenseife
und für das etwaige Schreiben von Briefchen standen neben Papier aus Lupinenfasern auch Briefumschläge mit einem Lupinenklebstoff zur Verfügung.
(Sven Dienstbach) auf die jeweiligen Bilder klicken zum Vergrößern
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